von G. Kraemer
Berichte d. Deut. Chem. Gesellschaft XXXXII (1909), 4989-5000
Is gewisser Beziehung verwandt mit diesen Arbeiten sind die Untersuchungen, welche unter Beteiligung von Hörmann der Kondensation von Aceton und den aus ihm durch Einwirkung von Blausäure in salzsäurer Lösung erhaltenen Produkten gewidmet sind, die zur Aufhellung der Natur der Mesiton- und Phoronsäure, des Xylitons und Phorons, sowie des Dumasins in erheblichem Maße beigetragen haben. Größere Beachtung verdienen auch die z. T. in Gemeinschaft mit Wollffenstein dem Nicotin gewidmeten Untersuchungen. Der Ausgang bildete das durch Oxydation mit Wasserstoffhyperoxyd erhaltene Oxynicotin. Seine Behandlung mit Salzsäure führte zum Pseudonicotinoxyd, aus dem durch Alkali das Dihydronicotin erhalten wurde.
Im weiteren Verlauf dieser schwierigen und umfangreichen Untersuchungen gelangte er auf Grund der aus der Base erhaltenen Spaltungsprodukte zu folgender Konstitutionsformel:
/ \-CH.CH2 | | N CH2 \ / \// N H3C CH2wonach es als ein beta-Methylpyridylpyrolidin bezeichnet werden kann. Nach der Synthese von A. Pictet hat sich diese Auffassung Pinners bestätigt.
Auch das Pilocarpin hat die Aufmerksamkeit unseres Freundes auf sich gelenkt. Zu einem Abschluß sind die zunächst mit Kohlhammer begonnenen Arbeiten nicht gelangt; doch ist es ihm gelungen, die Verwandtschaft des Alkaloids mit den Glyoxalinen nachzuweisen und für dasselbe die aufgelöste Formel eines Äthylmethylfurfuranglyoxalins wahrscheinlich zu machen. Diese Studien gaben ihm Veranlassung, die phenylierten Glyoxaline einer eingehenden Untersuchung zu unterwerfen. Verschiedene kleinere Arbeiten, so über die mit Formamid aus dem Chloral erhaltenen Verbindungen, die bequeme Darstellung der Tartronsäure, der Pyridincarbonsäure mögen hier nur noch gestreift werden. Alle legen Zeugnis davon ab, wie ernst es ihm um die Wahrheit in der Wissenschaft zu tun gewesen ist.
Unseres Freundes Begabung zur Lehrtätigkeit wurzelte in seinem ungewöhnlich klaren Denkvermögen. Er hatte schon im gewöhnlichen Leben etwas Dozierendes an sich, wozu ihm die reiche Fülle von Kenntnissen allgemeiner Art gern verleitete. Obwohl ihm diese Eigenart nicht selten Neckereien seiner Freunde eintrug, so ist sue ihm bei seinen Vorlesungen sehr zu Hilfe gekommen. Diese Vorlesungen waren bei der akademischen Jugend sehr beliebt. Anziehend waren die Abgeklärtheit seines Urteils und die Milde seiner Gesinnung. Der Rektor der Hochschule sagt in seiner Nachrede: "Ich weiß er nicht, ob er die Gabe besessen, mit dem Worte die Jugend fortzureißen, aber hundertfach habe ich gesehen, daß er ihre ungetrübte Verehrung besessen hatte. Nie hat er das so feine Gefühl der Jugend für wahres Wohlwollen und unbestechliche Gerechtigkeit enttäuscht. Er war nicht nur ein Mann von Geist, er war auch ein Mann von Herz. Davon habe ich einen tiefen Eindruck empfangen."
Daß der auch im Laboratorium seinem Lehramte mit voller Hingabe obgelegen hat, zeigt die große Zahl der daraus hervorgegangenen Arbeiten und der gute Name, den sich viele seiner Schüler in späterer Zeit als Forscher erworben haben.
In der Chemischen Gesellschaft hat her viele Jahre hindurch über den Inhalt der von außen eingegangenen Abhandlung zu berichten gehabt und sich dieser Mühewaltung mit größter Sachkenntnis unterzogen. Dennoch wurde es von den Fachgenossen, als ein Fortschritt empfunden, als diese Referate, wenn ich nicht irre, auf seinen eigenen Antrag bin, den jüngeren Herren der Gesellschaft übertragen wurden.
Adolf Pinner Eigenart ist der Chemischen Gesellschaft noch in vielfach anderer Hinsicht zugute gekommen, dessen Vorstand er ein Menschenalter hindurch in verschiedenen Ätern, so in dem eines Schriftführers, Vizepräsidenten und Ausschußmitgliedes angehört hat. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit fällt in die Zeit seines Schriftführer- tums und seiner Teilnahme an der Arbeiten der Publikationskommission als Delegierter des Vorstandes. Seiner Anregung mit verdanken wir die Herausgabe der Ergänzungsbände zum Beilstein, die nun abgeschlossen vorliegen. In der ihm Jahre 1902 anläßlich seines 25- Jährigen Jubiläums als Schriftführer vom Vorstand überreichten Adresse heißt es:
``Keine der tiefgreifenden Wandlungen, welche in dem stetig wachsenden Gesschäftsbetriebe unserer Gesellschaft gerade während der Zeit Ihrer Amtsführung eingetreten sind, hat sich vollzogen, ohne daß Sie vorbereitend, fördernd und anregend mitgewirkt hatten; fast jede Kommission hat Ihre Rat gehört und von Ihrer Erfahrung Nutzen gezogen.''