Adolf Pinner

von G. Kraemer

Berichte d. Deut. Chem. Gesellschaft XXXXII (1909), 4989-5000

Teil III (s. 4994-4995)

In dem nachfolgenden Sommersemester hat her zwar seine Vorlesungen wieder aufgenommen, aber schon im Mai - zwei Monate später - lag er auf der Bahre. Fast ohne Kampf ist er am 21.Mai d.J. aus dem Leben geschieden; seine Züge hatte der Tod fast unverändert gelassen: sie zeigten noch immer das Bild des Friedens und der Abgeklärtheit, die dem Lebenden eigen waren. In der Aula der Tierärztlichen Hochschule, der Stätte seiner langjährigen Wirksamkeit, ist an seine Sarge eine stimmungsvolle, überaus würdige Feier veranstaltet worden. Der Saal vermochte die große Schar der Teilnehmer, die von der allgemeinen Trauer um seinen Heimgang zeugte, nicht zu fassen. Teil ergriffen nahm die Versammlung von den sterblichen Resten unseres Freundes Abschied, die alsdann in der Erde des Friedhofs zu Weissensee die letzte Ruhe fanden.


Blicken wir auf das wissenschaftliche Ergebnis dieses arbeitsreichen Lebens, so stossen wir schon früh auf experimentelle Erfolge im Laboratorium. Adolf Pinner war ein sehr sorgfältiger Arbeiter, der in seinen Schlüssen den festen Boden der Tatsachen nie verlassen hat.

Seine Dissertation lautete:

De Uranylio cyanato et rhodanato.

In der nicht ganz vier Jahre dauernden Tätigkeit im Berliner Universitätslaboratorium hat er sich als Privatassistent an den Forschungen seines Lehrers Hofmann beteiligt. Sein Name findet zum erstenmal Erwähnung bei der Veröffentlichung über die Dampfdichte- bestimmung in der Luftleere. Wiederholt ist er dann noch als Mitarbeiter an den Untersuchungen über Methylaldehyd und Metaldehyd genannt worden.

Später in der Zeit seiner Tätigkeit als Abteilungsassistent im quantitativen Saal nahm er hervorragenden Anteil an den vom Schreiher dieses über die Nebenprodukte der Spiritusrektilikation eingeleiteten Arbeiten. Gemeinsam wurden von aus dem Spiritusnachlauf Propyl- und Isobutylalkohol in einer bis dahin ungekannten Menge und Reinheit abgeschieden. Aus dem Aldehyd, dem wesentlichen Bestandteil des Vorlaufs wurde ein neues Chloral dargestellt, das vom Crotonaldehyd sich ableitend als Crotonchloral von der Formel C4H3Cl3O, bezeichnet wurde , obwohl der bei Analyse des Chlorals und einer Anzahl seiner Derivative stets zu hoch gefundene Wasserstoffgehalt weit mehr auf die gesättigte Verbindung eines Butylchlorals hinwies. Merkwürdig ist, daß diese irrige und nach unserem heutigen Empfinden ganz unmögliche Annahme noch eine ganze Reihe von Jahren Geltung behalten hat. Erst als Pinner viele Jahre später den Kohlenwasserstoff untersuchte, der bei der Behandlung des von uns als Dichlorallylen bezeichneten Zersetzungsprodukts des Chlorals mittels Natrium erhalten wurde, und der folgerecht ein Propargylen von der Formel C3H2 hätte sein müssen, sich numehr aber nachder Formel C3H4 zusammengesetzt erwies, kamen ihm Zweifel über die Richtigkeit unserer Auffassung. Durch eine erschöpfende experimentelle Nachuntersuchung, deren Ergebnisse in der Annalen Aufnahme fanden, stellte er fest, daß das Chloral eine gesättigte Verbindung sei und demgemäß allen direkt erhaltenen Derivaten eine um 2 Wasserstoffe reichere Zusammensetzung zukommen und deshalb auch dem Chloral der Name Butylchloral beigelegt werden musse. Später hat er unter den Nebenprodukten, welche bei der Darstellung entstehen, nicht nur den Monochlorcrotonaldehyd aufgefunden, der als Durchgangsprodukt des Butylchloral anzusehen ist, sondern auch noch ein weiteres, durch Kondensation von 3 Mol. Aldehyd entstandenes Produkt, das Hexylchloral.

Gemeinsam mit Bischoff hat er die Trichlormilchsäure und die Trichlorangelactinsäure untersucht, Körper, die sich durch Anlagerung von Blausäure an die beiden Chlorale und Verseifung der entstandenen Nitrile erhalten ließen. Aus der ersteren wurde die Monochloracrylsäure erhalten, die sich dann leicht durch Austausch des Chlors gegen die Hydroxyl- bezw. Amidogruppe in die Acrylsäure und das damals noch unbekannte Alanin der Acrylsäure umwandeln ließ.

Mit seinem Eintritt in die Tierärztliche Hochschule beginnt nun ein sehr fruchtbares Arbeiten im Laboratorium.

Nach Abschluß der schon erwähnten, der Richtigstellung der Formel des aus dem Aldehyd erhaltenen Chlorals dienenden Arbeiten die er noch zu erweitern wußte, indem er durch die Behandlung des Dichlorallylesters mittels Natrium und Kohlensäure zu der Fittigschen Tetrolsäure gelangte, folgten die umfangreichen Untersuchungen der durch Salzsäure herbeigefuhrten Anlagerungsprodukte von Alkoholen an die Nitrile, der sogenannten Imidoäther. Auf alle Ergebnisse dieser Arbeiten einzugehen, die er teils allein, teils mit den begabten seiner Schüler durchgeführt hat, verbietet sich hier um so eher, als er sie in einem stattlichen Bande von 298 Druckseiten zusammengefasst hat, der unter dem Titel "Die Imidoäther und ihre Derivate" im Jahre 1892 erschienen ist.

In ihm werden nicht nur die Imidoäther beschrieben, sondern auch die mit ihnen im engsten Zusammenhang stehendem Amidine, sowie eine große Zahl von Pyrimidinderivaten, welche nach einer von Pinner aufgefundenen Synthese aus Amidinen und beta-Ketonsäuereester (Acetoessigester) überaus leicht gewonnen werden können.


Adolf Pinner, Teil IV.

Adolf Pinner.

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